Wir sind in der Szene nicht nur als Gesprächspartner vernetzt, sondern häufig auch als Sexualpartner. Einzelne mögen zwar nur wenige Sexualkontakte haben, diese haben aber meist wiederum weitere Kontakte. So summiert sich das schnell.
Es gilt zu bedenken, dass wir alle einen Großteil unserer Sexualpartner im Pool des BDSM finden. Dies lässt sich in gewissen Maßen über ein paar mehr Ecken auch auf sexuelle Kontakte übertragen. In der Szene ist die bunte Welt der verbundenen Körperflüssigkeiten wahrscheinlich noch ein Stückchen kleiner. Sexpositives Verhalten ist ja wirklich eine feine Sache, wir müssen aber entsprechend und verantwortungsvoll damit umgehen. Und das geschieht momentan, glaube ich, nicht so optimal, wie man sich das wünschen würde.
Je vernetzter unsere Sexualität ist, desto größer ist auch die Verantwortung, die wir dabei tragen. Für uns und für die SM/Fetischportal Nutzer, die mit uns vernetzt sind. Der Umgang der Kinky-Szene mit Geschlechtskrankheiten: Mit Aids/HIV brachte man sexuell übertragbare Krankheiten auf einen Schlag in das Bewusstsein. Inzwischen sind sie für viele Menschen wieder in den Hintergrund getreten. Wobei HIV die präsenteste Geschlechtskrankheit ist. Risiken wie z. B. Hepatitis werden aber größtenteils verdrängt.
Das führt dazu, dass man häufiger auf folgende Aussagen stößt
- Beim Analsex benutze ich kein Kondom, schwanger kann davon ja niemand werden.
- Ich kenne meinen Spielpartner bereits sehr lange und weiß, dass er/sie nichts hat.
- Als Lady muss ich mir beim Sex mit Frauen keine Gedanken um Verhütung machen.
- Ich bin Blutspender, also brauche ich mir über Geschlechtskrankheiten keine Gedanken machen.
- Ich gehe das Risiko der fehlenden Verhütung bewusst ein, weil ich es für sehr gering halte.
Stigmatisierung als Informationsbarriere
Besonders den letzten Punkt halte ich für sehr wichtig. Wir haben keine Ahnung darüber, wie viele Infektionen es in unserem Umkreis gab, weil über das Thema einfach nicht gesprochen wird. Geschlechtskrankheiten unterliegen in der BDSM-Szene (wie im Rest der Gesellschaft) einer Stigmatisierung. Wir wollen nicht, dass bekannt wird, dass wir eine Infektion haben oder hatten. Im besten Falle werden nur aktuelle Partner informiert.
Aber wie groß das Risiko in unserer Szene tatsächlich ist, da haben wir keine Ahnung, weil wir nicht darüber sprechen. Manche Personen mit negativen Erfahrungen sind aufgrund der Angst vor Stigmatisierung gehemmt, das Thema offensiv anzugehen. Durch das Verschweigen haben wir, wenn wir selbst (noch) nicht betroffen waren, das Thema oft auch gar nicht auf dem Schirm. Ein Spielpartner von mir hat eine neue Spielpartnerin.
Sie hat ihn zu Beginn aufgefordert, sich mit ihr testen zu lassen. Ich hingegen habe mich nie mit einem SM Partner zusammen testen lassen. Theoretisch wissen wir alle, was zu tun ist. Praktisch setzen wir es häufig aber nicht um. Die beiden haben mir einen Anstoß gegeben, das Thema endlich so großflächig anzugehen, wie ich es bereits seit langer Zeit für richtig befunden habe.
- Ich lasse mich beim Gesundheitsamt auf HIV testen.
- Ich spreche mit einem Frauenarzt die anderen Geschlechtskrankheiten an.
- Ich motiviere meine aktuellen Spielpartner selbiges zu tun.
- Das Ganze darf keine einmalige Geschichte bleiben, sondern es müssen sich alle regelmäßig testen lassen.
- Immer Kondom, außer es ist fester Partner und es wurde beidseitig getestet
- Keine ONS
- Oralverkehr entweder gar nicht oder wenn ich mich darauf verlassen kann, dass er sauber ist.
- Oral bei Frauen genauso – entweder gar nicht oder eben ohne. Lecktücher bekommt man fast nirgendwo und Cunnilingus mit Schutz – da kann man es gleich bleiben lassen.
Jeder sollte sich der Verantwortung für sich und den Personen um sich herum bewusst sein. Wenn wir uns selbst testen lassen, sollten wir die Personen um uns rum gleich miteinbeziehen, sonst bleiben wir den Risiken weiter ausgesetzt. Wenn wir unsere Sexualität vernetzt ausleben wollen, müssen wir das Thema sexuell übertragbare Infektionskrankheiten angehen. Das heißt: Miteinander reden, miteinander testen und miteinander Spaß haben.
Einige Anregungen/Fragen
- Kondomgrößen: Das weiß nicht jeder, selbst Männer Ü30 nicht, dass es durchaus verschiedene Größen gibt – Schwanz messen und durchprobieren. Ein Link, der helfen könnte: https://kondomgroesse.com
- Wie macht man Lecktücher populärer? Gezielt in Apotheken/Ärzten etc. anfragen und auf Informationsbedarf hinweisen. Auch bei örtlichen Sexshops, wenn keine verkauft werden.
- Glaubt wirklich jemand, Monogamie schütze vor allem? Die wenigsten kommen als Jungfrau ab einem gewissen Alter in eine Beziehung, die Fremdgehquote ist nicht zu vernachlässigen.
- Was ist für euch im BDSM Kontext ein Risikopartner? Wo fängt das an, wo hört es auf? Für die einen ist die Sexpartneranzahl insgesamt entscheidend, die anderen nehmen Gangbangs oder Swingerclub-Besuche als Indiz. Aber mal ehrlich? Wenn ihr jemanden danach fragt, wer wird sich schon selbst als Risikopartner bezeichnen – gerade wenn es die weniger netten User-Kontakte sind, die einfach nur ficken wollen.