Fragestellung: Sind Bondagefotos Pornografie? Wenn ja: Dann dürften sie entweder keinen Minderjährigen oder überhaupt niemandem zugänglich gemacht werden (§ 184 bzw. 184a StGB) – andernfalls könnte eine Ordnungswidrigkeit vorliegen. Eine sinnvolle Antwort ist (aus Gründen, die in diesem Beitrag näher erklärt werden) nur möglich, wenn wir sie konkretisieren. Schauen wir uns einmal die beiden folgenden Alternativen an:
1. Brüste und Schambereich einer Akteurin sind verhüllt oder aufgrund der Wahl des Blickwinkels nicht zu sehen. Die Lady ist gefesselt und geknebelt. Zusätzliche Folterwerkzeuge (Klammern) sind nicht im Einsatz und nicht zu sehen.
2. Ein Rope-Bottom wird zusätzlich geschlagen oder auf andere Art gefoltert und befindet sich in der Umarmung eines zumindest unterhalb der Gürtellinie bekleideten Bondage-Rigger. Eines vorweg: § 184 StGB verbietet pornografische Schriften. Wer aber glaubt, die Vorschrift würde nicht passen, der kennt die Regelung des § 11 Abs. 3 StGB nicht. Dort werden Abbildungen (und vieles mehr!) Schriften gleichgestellt. Die Vorschrift gilt also auch für Bilder im Internet.
In Anlehnung an diverse neuere Entscheidungen aus der Rechtsprechung:
Beim Begriff der Pornografie handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der der tatrichterlichen Auslegung unterliegt. Es ist allein Aufgabe des Tatrichters, den Erklärungsinhalt einer Schrift festzustellen und ihn im Hinblick auf die Voraussetzungen des § 184 Abs. 1 StGB zu würdigen; die revisionsgerichtliche Überprüfung beschränkt sich deshalb darauf, ob der Tatrichter sich bei der Bewertung von zutreffenden rechtlichen Erwägungen hat leiten lassen.
Zu Deutsch: Wenn auch der Richter gewisse Kriterien nicht völlig unberücksichtigt lassen darf, so hat er jeweils einen ganz erheblichen Spielraum freien Ermessens. Unsere Wertung – abstrakt oder auch im Einzelfall – ist nicht notwendig die eines Richters. Wir sind eigentlich eher schlecht für die Einzelbeurteilung geeignet, denn wir vermitteln Bondage-Kontakte mit verifizierten Profil-Fotos.
Pornografie liegt immer dann vor, wenn eine Darstellung unter Ausklammerung aller sonstigen menschlichen Bezüge sexuelle Vorgänge in grob aufdringlicher Weise in den Vordergrund rückt und ihre Gesamttendenz überwiegend auf die Erregung eines sexuellen Reizes abzielt. Kennzeichnend für eine pornographische Darstellung ist zum einen eine „Reizwirkungs- oder Stimulierungstendenz“. Die Darstellung muss nach ihrem objektiven Gesamteindruck eine Aufreizung des Sexualtriebs bezwecken.
Solange zwei Spielpartner einverständlich genießen ist es keine Pornografie
Mag man auch das erste Kriterium bejahen (ein Sechzehnjähriger würde das als Wichsvorlage sehen?), so fehlt es an den Weiteren – vor allem dann, wenn das Gesicht der gefesselten Frau sichtbar ist und sie als Individuum dargestellt wird.
Ungünstiger sind Bilder, auf denen das Gesicht nicht erkennbar ist. Aber dennoch: Da gibt es halt keinen organisch-physiologischen Aspekt, der in den Vordergrund tritt. Wenn man sich etwa die Begründung anschaut, mit der die Bundesprüfstelle die SZ indiziert hat, so wird darauf abgestellt, dass Rope-Bunnys das stets unfreiwillig machen und zu bloßen Sex-Objekten degradiert werden. Sobald die BDSM-Szene Kidnapping oder Rape nur andeutet, befindet man sich wohl schon im Grauzonen-Bereich der Pornografie.
Auch ein „mehr“ an blanker Haut ist sozusagen erschwerend. Sofern aber diese Körperteile nicht noch durch Licht, Fesselung und Pose hervorgehoben werden, ist man wohl noch auf der sicheren Seite. Auch hilfreich: eine etwaige sexuelle Erregung durch Bondage bzw. die Bewegungshemmung nicht zu überinszenieren. Kann ein Fesselliebhaber die Grenze zur sogenannten Gewaltpornografie überschreiten? Dies könnte bei Kidnapping/Inquisition-Szenarien der Fall sein. Ob es auch bei der Abbildung einverständlicher sadomasochistischer Sessions gilt, ist leider umstritten.
Und was ist mit er grundgesetzlich garantierten Freiheit der Kunst?
Eine Darstellung kann laut Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zwar Kunst sein – aber nur in seltenen Ausnahmefällen. Falls hier nicht ein unentdeckter Robert Doisneau unter den Lesern lauert, hat man keine Chance. Heißt also: Schlichte Bondagebilder mit ganz oder teilweise nackten Sklavinnen sind nicht pornografisch, solange es die Fessel-Domina nicht übertreibt.
Es folgt die Schlusspointe: Wir sind froh, keine unzüchtigen Darstellungen zu produzieren und stellen unsere BDSM-Website ins Netz. Zu früh gefreut. Unterhalb der Schwelle zur (strafbaren) Pornografie lauert nämlich § 4 Ab. 2 Nr. 3. des Jugendmedienstaatsvertrags (JMStV). Der sieht (über § 23 JMStV) auch bei Erotikbildern eine Strafbarkeit vor, wenn sie ins Netz gestellt werden. Landesmedienanstalten verwenden das Kriterium inflationär – also Vorsicht.
Das Risiko lässt sich minimieren: Man installiert eines der abgesegneten Altersverifikationssysteme. Damit sind Bilder nicht automatisch verboten, dürfen aber nur zwischen 23:00 und 06:00 Uhr zugänglich gemacht werden – bedürfen der technischen Zugangsbeschränkung. Der Fernsehsender ARTE löst das Problem, indem sie ihre Shibari-Doku zwar bei Wiederholungen online stellen, aber so, dass wirklich nur nachts ein Abruf möglich ist.